Ob in der Kaffeeküche, im Aufzug, auf dem Parkplatz, hinter vorgehaltener Hand im Meeting oder in der Kantine: Überall wird über Kollegen getratscht. Mein Vorschlag ist, dieses Vergleichen und die soziale Kontrolle konstruktiv zu nutzen und ganz nebenbei das Team zu stärken.
Egal, was wir tun: Wir formen unsere Welt, unsere Realität mit den Geschichten, die wir erzählen. Je nachdem, was wir über die Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten, denken, ändert sich unsere Einstellung und unsere Reaktion auf ihr Verhalten.
Worte haben Kraft: Wenn Sie einmal Opfer von Gerüchten wurden, wissen Sie, was ich meine. Unbelegbares wird hier behauptet, manchmal sogar absichtlich falsche Information gestreut.
Durch negatives Tratschen ändert sich das Bild, das wir uns von Menschen machen. Wenn Ihnen jemand oft genug Schlechtes über eine Person erzählt, ändert sich Ihr Bild von diesem Menschen – es sei denn, Sie steuern aktiv gegen und hinterfragen, welche Motive der Gerüchte-Verbreiter hat.
- Gerüchte belasten Beziehungen – privat und beruflich
- Gerüchte spiegeln falsche Tatsachen vor
- Gerüchte ändern Verhalten
- Gerüchte beschädigen Teams
- Gerüchte verschaffen dem Negativen viel Aufmerksamkeit
Hier soll es dagegen um die positive, machtvolle Wirkung von „guten“ Worten gehen: Anstatt über Kleidung, Auto, Urlaub, Partner, Hobbys oder Wohnung zu tratschen, schauen Sie sich gezielt die Stärken und Erfolge einer Person an.
- Warum arbeiten Sie gerne mit ihr/ ihm zusammen?
- Was schätzen Sie an ihrer Kollegin/ an ihrem Kollegen?
- Über welche Stärken verfügt sie/ er aus Ihrer Sicht?
- Was ist Ihrer Kollegin/ Ihrem Kollegen in letzter Zeit besonders gut gelungen?
- Welche positiven Auswirkungen auf Sie hat Ihre Kollegin/ Ihr Kollege?
- Welchen Beitrag zum Team leistet sie/ er?
- Was waren ihre/ seine größten Erfolge?
Reden Sie darüber!
Reden Sie wertschätzend, zeigen Sie Respekt für die Leistungen Ihres Gegenübers. Beobachten Sie eine Zeitlang, wie sich das Betriebsklima und Ihre eigene Stimmung ändert, wenn Sie Gerüchte durch Wertschätzung austauschen.
[Tweet “Schreibe Kritik in Sand und meißle Lob in Stein. Arabisches Sprichwort”]
Noch stärker wirkt der Ressourcen-Tratsch, wenn Sie möglichst viele Personen miteinbeziehen und alle im Team daran teilhaben lassen.
Vorschlag für´s nächste Team-Meeting:
Beginnen Sie die Sitzung mit einer wertschätzenden Ressourcen-Runde. Dazu kann jeder seinen Namen oben auf ein DIN A4-Blatt schreiben.
Lassen Sie das Blatt reihum durchgehen.
Jeder schreibt anonym ein wertschätzendes Feedback auf das Papier, faltet es um und gibt es weiter. So kann der nächste nicht sehen, was bereits geschrieben wurde und muss sich eigene Gedanken über die Person machen.
Wenn das Papier die Runde gemacht hat, dürfen alle lesen, was über sie geschrieben wurde.
Reden Sie im Team darüber.
Bewahren Sie das Papier anschließend in Ihrem Schreibtisch auf. Wann immer Sie ein bisschen Zuspruch brauchen, können Sie das Ressourcen-Blatt hervorholen und finden wieder Zugang zum guten Team-Geist.
Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Ressourcen-Tratsch gemacht?
Was hat sich dadurch geändert?
Petra-Alexandra Buhl
Liebe Frau Buhl,
ich nenne es “Wertschätzungs-Tratsch” und setze es gerne zu Beginn von Team-Workshops ein – vorausgesetzt die TN kennen sich schon ein bisschen untereinander. Dieser Positiv-Tratsch ist für uns ungewohnt, aber extrem Ressourcen fördernd und tut dem Einzelnen, aber auch der ganzen Gruppe gut. Erst neulich sind Freuden-Tränen bei einer Teilnehmerin geflossen, als sie gehört hat, was ihre Kollegin Wertschätzendes über sie gesagt hat. Ich bin eh der Meinung, dass wir viel zu wenig auch über das sprechen, was gut läuft. Die Version mit dem gefalteten Zettel werde ich demnächst mal ausprobieren. Vielen Dank!
LG, Bernd Slaghuis
Lieber Herr Dr. Slaghuis,
vielen Dank für Ihr kollegiales Feedback und Ihre Erfahrungen. Es freut mich immer, wenn ich einen Gleichklang in unserem Denken und Arbeiten finde. Ihre Klienten werden das Ressourcen-Blatt sehr mögen. Manche tragen es sogar in ihrer Geldbörse herum und zeigen nach Jahren ein ganz zerfleddertes Exemplar vor. Wertschätzung von Kollegen erleben viele als seltene Sternstunde im Berufsleben, das darf sich ändern. Und ja, Sie haben recht: Über das Gute reden wir viel zu wenig, auch zu wenig über das, was funktioniert. Da haben wir noch Arbeit vor uns 😉
Herzliche Grüße nach Köln
Petra-Alexandra Buhl