„Trends und Nachhaltigkeit: Widerstehen, aufgreifen oder initiieren?“ – ein Forum an der FHS St. Gallen kommt zum Schluss: Die Grenzen des Wachstums brauchen ein Umdenken für Unternehmen. Es bleibt nicht bei der Theorie, daher sind im Folgenden sieben Praxis-Beispiele aus der Schweiz zu lesen.
Doch zuvor eine Definition zu Nachhaltigkeit:
„Die Gemeinsamkeit aller Nachhaltigkeitsdefinitionen ist der Erhalt eines Systems bzw. bestimmter Charakteristika eines Systems, sei es die Produktionskapazität des sozialen Systems oder des lebenserhaltenden ökologischen Systems. Es soll also immer etwas bewahrt werden zum Wohl der zukünftigen Generationen.“ Bernd Klauer: Was ist Nachhaltigkeit? (1999)
Balance finden zwischen Profit, People, Planet
„Nachhaltigkeit muss als ethisches Prinzip begriffen werden, ebenso unser Umgang mit Ressourcen“, fordert Prof. Dr. Sebastian Wörwag, Rektor der FHS St. Gallen. Dies betreffe auch die eigene Person. „Ist mein eigenes Handeln und mein Umgang mit meiner persönlichen Energie nachhaltig?“
Aus der Forschung weiß man, dass Personen, denen es schlecht geht, als erstes die Unterstützung für andere einstellen. Wer um sein Überleben kämpft, hat wenig Empathie für die folgenden Generationen. Das Thema Nachhaltigkeit steht da meist nicht auf der Prioritäten-Liste.
Ressourcen zu erhalten, um den künftigen Fortschritt zu sichern, müsse jedoch zu einem Prinzip des Wirtschaftens werden. Ohne Werte-Diskurs gehe es deshalb in der Beschäftigung mit Nachhaltigkeit nicht, sagt Sebastian Wörwag. Der eigene Konsum und der Lebenskontext müssten kritisch hinterfragt werden.
In der Triple Bottom Line Profit- People – Planet habe Profitabilität Nachhaltigkeit bislang stets geschlagen, wenn es um die Prioritäten in Unternehmen ging. „Wir tragen aber Verantwortung. Wie gewichten wir das jetzt jeweils?“
Die Fachleute sind sich einig:
- Nachhaltigkeit funktioniert nur, wenn sie tief im Unternehmen verankert ist und sich in Werten, Sinn und Selbstverständnis zeigt
- Nachhaltigkeit und Sinn sind emotionale Themen. Nach außen müssen die Unternehmen authentisch, nach innen sozial auftreten.
- Ohne gute Kommunikation ist das nicht zu schaffen. Mitarbeiter verkaufen Produkte und Werte eines Unternehmens, sie sind Marken-Botschafter.
- Dort, wo die Gründer noch im Unternehmen sind oder sich das Wirtschaften an den Werten des Gründers orientiert, wird Nachhaltigkeit umgesetzt.
- In Unternehmen, in denen es „mehr als ein nur auf das Business gerichtetes Engagement gibt“, werden Werte vertreten, die Kunden ansprechen.
Sieben Praxis-Beispiele aus der Schweiz
Ralph Siegl, Mitglied der Geschäftsleitung Confiseur Läderach AG
Die Aktiengesellschaft Läderach chocolatier suisse wurde 1962 gegründet und ist ein Familienunternehmen in zweiter Generation. Sie hat ihren Sitz in Ennenda, beschäftigt 750 Mitarbeiter und setzte im Jahr 2012 rund 100 Millionen CHF um.
„Der größere Trend ist Sinnhaftigkeit“
„Nachhaltigkeit ist eigentlich von gestern, der größere Trend ist Sinnhaftigkeit im Wirtschaften. Wir müssen in Generationen denken, das Stichwort Enkel-Tauglichkeit möchte ich hier nennen. Unser Wirtschaften ist die Konsequenz aus den Werten unserer Familie. Im digitalen Zeitalter kann man nicht so tun, als ob. Wenn das Versprechen handwerkliche Produktion ist, muss man es auch machen. Die Kunden haben in den letzten Jahren durch zu viel „Label-Marketing“ das Vertrauen in die großen Konzerne und in ihre Produkte verloren. Heute muss man nahbar und verständlich sein, damit die Leute Vertrauen haben. Bei einem Produkt wie Schokolade erst recht. Das ist etwas, das niemand braucht, das ist reiner Luxus. Also muss irgendetwas daran sinnstiftend sein.“
Läderach hat viel mit den Führungskräften gearbeitet, um die Familienwerte stimmig umzusetzen. Alle 50 Führungskräfte wurden gefragt: „Warum arbeiten Sie bei uns und nicht woanders?“ Nur wer diese Frage glaubwürdig und authentisch beantwortet, hat bei Läderach einen Platz. Dort wird viel Wert gelegt auf „Verhaltens-Branding“.
Im Unternehmen wurden Markenbuch und Markenwerte erarbeitet, danach Ableitungen für jeden einzelnen Arbeitsplatz angefertigt. Mindestens drei Werte wie etwa Familie, Schweiz, Qualität will Ralph Siegl an jedem Arbeitsplatz umgesetzt sehen – egal, in welcher der Filialen. Da das Unternehmen innerhalb von sechs Jahren auf 750 Mitarbeiter angewachsen ist und allein in der Schweiz 33 Filialen hat, ist das eine besondere Herausforderung. Trotzdem habe man sich eine „Handschlag-Kultur“ bewahrt. Dies funktioniere besonders gut in Asien, in der Schweiz müsse man dieses Vertrauen unter Kaufleuten erst wieder etablieren. „Die Prozesse in den Groß-Konzernen haben das kaputt gemacht, wir müssen wieder dahin kommen, dass wir einander vertrauen.“
Guido Leutenegger, Inhaber von Natur konkret, Unternehmer
Natur konkret wurde 1992 gegründet und beschäftigt je nach Saison 15 bis 20 Mitarbeiter. Zurzeit hat das Unternehmen einen Bestand von 800 Tieren, die im Thurgau und im Tessin weiden. Vermarktet wird das Fleisch über den Online-Shop.
„Für mich hat sich die Frage der Nachhaltigkeit gar nicht gestellt. Bevor ich Natur konkret gegründet habe, war ich bereits 20 Jahre im Naturschutz tätig. Ich wollte dem die Landschaftspflege und die biologische Fleischproduktion hinzufügen. Eine konkrete Vision habe ich dabei nicht gehabt, sondern viel aus dem Bauch reagiert und viel überlegt. Mit einem Ochsen und zwei Kühen habe ich einfach angefangen und die Bauern im Tessin gefragt, ob sie mir ihre verlassenen Alpweiden überlassen. So hat sich das Eine aus dem Anderen ergeben und allen war geholfen. Die Weiden waren total verödet und verwaldet, da konnte man nichts mehr mit anfangen.“
Seit „Lotti“ und ihre Artgenossen dort grasen, sieht das anders aus. Der Erfolg von Natur konkret führte dazu, dass die Kampagne „Die Aktie Lotti“ aufgelegt wurde. Fast 800 Tiere hat Leutenegger inzwischen und wer mag, kann „seine“ Kuh im Tessin orten und nachschauen, was sie auf der Weide gerade treibt. Der Käufer kann sich sozusagen permanent über das Wohlbefinden des Tieres informieren, das er in Zukunft verspeisen will. Die Kühe sorgen für Geschichten – mehr, als jede Werbeagentur es tun könnte. „In der Zürcher Bahnhofstraße unterhalten sich die Banker in der Pause nicht über Aktien, sondern darüber, was ihre Kühe gerade machen und wo sie sich befinden“, sagt Leutenegger schmunzelnd.
Natur konkret sei zwar ein Natur-Unternehmen, doch 99% der Verkäufe werden über das Internet abgeschlossen. Es gibt zwei verschiedene Mitarbeiter-Gruppen, die jeweils spezifisch agieren müssen: Die Mitarbeiter in der Verwaltung müssen sehr kundenorientiert sein. Die Mitarbeiter, die Tiere versorgen, müssen sich ausschließlich an deren Bedürfnissen orientieren. In einem kleinen Unternehmen sei es entscheidend, die richtigen Mitarbeiter für die jeweiligen Aufgaben zu haben. Für Leutenegger ist das aber kein Problem: „Wer gut positioniert ist, zieht automatisch die Mitarbeiter an, die zu einem passen. Wir haben die besten Mitarbeiter der Welt und die anderen sind nicht mehr da. Mir ist übrigens wichtig, zu sagen, Nachhaltigkeit muss auch Freude und Lust machen. Mit dem erhobenen Zeigefinger kommen wir nicht weiter, Predigen bringt nichts.“
Cornelia Diethelm, Direktorin Nachhaltigkeit und Issue Management Migros-Genossenschafts-Bund
Der Migros-Genossenschafts-Bund – kurz: Migros – wurde 1925 von Gottlieb Duttweiler gegründet und hat seinen Sitz in Zürich. Die Genossenschaft hat fast 100 000 Mitarbeiter und ist der größte Arbeitgeber in der Schweiz.
„Für uns ist es natürlich ein Privileg, den extrem kreativen und mit hohem Gestaltungswillen begabten Gottlieb Duttweiler als Gründervater zu haben und außerdem eine lange Tradition als Unternehmen. Natürlich haben sich sich die Werte von Gottlieb Duttweiler im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Aber eine Genossenschaft wie die Migros hat eine bestimmte Kultur und eine langfristige Sicht auf die gesellschaftliche Verantwortung. Auch Gottlieb Duttweiler hat sich im Laufe seines Lebens sehr verändert: Anfangs war er Händler, aber mit fortschreitendem Alter hat er sich zunehmend der Politik und der gesellschaftlichen Entwicklung zugewandt. Beispielsweise forderte er den Zugang zur Bildung für alle Menschen und gründete – beeinflusst von Gedanken von Pestalozzi – das Gottlieb-Duttweiler-Institut. Das ist einer der ersten Think Tanks weltweit geworden.
Duttweiler machte etwas, was ich auch heute noch ganz entscheidend finde: Er sagte, es muss Angebote für den einfachen Bürger geben. Die Leute sind abends müde und das Leben ist nicht perfekt. Wir müssen sie trotzdem erreichen. Es muss jeder seine eigenen Schwerpunkte setzen können. Es muss auch nicht jeder vegan oder bio leben. Ich glaube, wir müssen insgesamt wegkommen vom Perfektionsmus. Nachhaltigkeit muss mainstream werden, es darf kein elitäres Nischenprodukt bleiben. Wir müssen für das Ganze wirtschaften, nur dann ist es auch sinnstiftend.“
In der globalisierten Welt sei dies extrem schwer sicher zu stellen. Auch Migros habe sich von Zwischenhändlern trennen müssen, die gesetzte Standards nicht erfüllt hätten. Die große Bekanntheit des Unternehmens helfe, sich zu positionieren und zu zeigen. „Unsere Kunden wissen, wofür wir stehen.“ Das gelinge jedoch nur, wenn man neben der rationalen Ebene auch die emotionale Ebene der Mitarbeiter erreiche. Bei Migros habe es viele Schulungen dazu gegeben. Schwerpunkt der Arbeit sei die Integration der Nachhaltigkeit durch die Führungskräfte. Hier müssten vor allem die neuen Mitarbeiter intensiv betreut werden, damit sie die Unternehmensziele verinnerlichen und nach außen tragen können.
Für die Kampagne Generation M wurde Migros 2013 ausgezeichnet – mit dem Preis für die beste Nachhaltigkeits-Kampagne weltweit!
Migros: http://www.migros.ch/de.html
Gottlieb-Duttweiler-Institut, Zürich: http://www.gdi.ch/de/think-tank
Mega-Trends und Nachhaltigkeit
Die Mega-Trends der nächsten Jahre sind Digitalisierung, Globalisierung, Klima und Umwelt sowie demographischer Wandel. Dadurch entstehen zentrale gesellschaftliche Entwicklungen. Prof. Dr. Petra Kugler, Co-Leiterin Leuchtturm Nachhaltige Unternehmensentwicklung an der FHS St. Gallen, stellt dazu drei Grundfragen:
- wie schnell & wann setzen sie sich durch?
Die Digitalisierung ändert unser Verhalten. Beobachten Sie auf einer Veranstaltung, wie sich Menschen zu Beginn einer Pause sofort auf ihr Handy stürzen, um Mails abzufragen oder soziale Medien zu checken. Sobald es irgendwo keinen Empfang gibt, unterhalten sich die Leute plötzlich wieder.
- wie viel & warum setzt es sich durch?
Am Beispiel der Flachbildschirme erklärte Petra Kugler, dass wir elektronische Geräte immer schneller austauschen – nicht, weil sie kaputt sind, sondern weil die Verbraucher ein neueres Modell haben möchten. Zurzeit werden die Flachbildschirme alle 5 bis 6 Jahre ausgetauscht, mit der Tendenz zu noch schnelleren „Durchlauf-Zeiten“ im Haushalt.
- mit wem & wie setzt es sich durch?
Wir erleben durch die sozialen Medien verschiedene Qualitäten von Kontakt. Vieles geschieht im virtuellen Raum, für den es noch keine allgemein gültigen Regeln gibt. Daher müssen wir viel probieren und zum Beispiel eigene Sensoren für Selbstdarsteller oder Kriterien für virtuellen Kontakt entwickeln.
Unternehmen reagieren mit reflexhaften Mustern auf Nachhaltigkeit
1. Muster: Nachhaltigkeit als Chance
Noch vor wenigen Jahren galt Nachhaltigkeit in den etablierten Unternehmen als Bedrohung und wurde als ungeliebter Zwang zur Veränderung wahrgenommen. Das ist jetzt anders: „Eine Aktie namens Lotti“ ist ein Beispiel für ein innovatives Geschäftsmodell für Nachhaltigkeit. Kurier-Taschen ein weiteres:
„cradle to cradle“
Die Freitag-Kurier-Taschen sind berühmt geworden: Sie sehen schick aus und sorgen dafür, dass Lkw-Planen wieder verwertet werden. Nun hat Freitag die Produktreihe F-ABRIC aufgelegt: Die Taschen und Hemden bestehen aus einem Material, das sich nach drei Monaten auf dem Kompost vollständig auflöst. Hier verbinden sich Lifestyle und Nachhaltigkeit. Übrigens wird beides in der EU gefertigt – mit der Begründung, in Asien seien die Produktionsbedingungen nicht nachvollziehbar. Der umweltbewusste Konsum ohne schlechtes Gewissen hat seinen Preis: Eine Hose kostet um die 200 CHF, die Taschen gibt es ab 240 CHF.
„Sakku“ nennt sich die Kuriertasche aus der Schweiz, die so viele Solarzellen an Bord hat, dass man damit unterwegs sein Handy aufladen kann. Sie wird in Werkstätten für Menschen mit Behinderung gefertigt und kostet derzeit zwischen 300 und 400 CHF.
2. Muster: Grenzen und Offenheit
Branchen lösen sich ganz auf und frühere Grenzen verschwinden.
In der Confiserie Läderach AG wird die Wertschöpfungskette zum Beispiel streng kontrolliert. Kakao ist ein wertvoller Rohstoff, der in den so genannten Entwicklungsländern produziert wird. Läderach arbeitet mit der Kooperative Cabruca in Brasilien zusammen, die nachhaltig produziert und zum Beispiel wenig Holz verbraucht.
„Sharing Economy“
Das Teilen von Konsumgütern liegt im Trend. Darauf aufbauend haben zwei St. Galler Studentinnen das Geschäftsmodell der „Metoyoubag“ erfunden. Angesagte, teure Luxus-Taschen vermieten sie zwischen 20 und 200 CHF Leihgebühr pro Tag. In den nächsten Jahren werden solche Geschäftsmodelle häufiger anzutreffen sein. Die Beratungsgesellschaft Price Waterhouse Coopers (PWC) schätzt, dass im Jahr 2025 etwa 335 Milliarden $ mit Sharing Economy umgesetzt werden. „Der Besitz an Dingen verliert an Wert – ganz gleich, ob es Autos oder Handtaschen sind“, sagt Petra Kugler.
Die Gesellschaft integrieren
Die Pflege und Versorgung älterer Menschen zu gewährleisten, wird eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre. Die Stadt Sankt Gallen hat dazu das Projekt „Zeitvorsorge“ aufgelegt. Seit 2014 helfen Senioren anderen Senioren im Haushalt, bei Freizeitaktivitäten oder als Begleitung bei Arzt-Terminen. Dadurch können die Senioren länger im eigenen Zuhause bleiben, haben sozialen Kontakt und Unterstützung.
3. Muster: Selbstverpflichtungen und Standards
Die Verbraucher haben in den letzten Jahren das Vertrauen in große Institutionen verloren und sind für klassische Werbung so gut wie nicht mehr ansprechbar. Unternehmen müssen sich jetzt viel mehr ins Zeug legen, um bei ihren Kunden glaubwürdig zu erscheinen.
Die Schweizer Migros AG ist dafür ein gutes Beispiel. Migros ist der größte Arbeitgeber in der Schweiz und engagiert sich seit Jahren für das Thema Nachhaltigkeit. Das Projekt Generation M hat den etwas schwammigen Begriff konkret und operationalisierbar gemacht.
Im Projekt M werden konkrete Versprechen an die künftige Generation gegeben:So werden Kinder namentlich angesprochen und Migros verspricht, „ab 2015 verwenden wir nur noch Palmöl aus nachhaltigem Anbau“ oder „wir reduzieren den Verbrauch an Strom um die Hälfte“. Dies gilt den Mitarbeitern als hoher Ansporn.
Berichterstattung zur Nachhaltigkeit in Unternehmen
In der EU wird dies ab 2016 verpflichtend für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Zu den Unternehmen, die schon jetzt ein vorbildliches Nachhaltigkeits-Statement abgeben, gehört Geberit. In der Schweiz belegt es damit den Platz 1, auch die Migros AG wurde dafür ausgezeichnet. Entsprechende Rankings sollen Orientierung für die Verbraucher geben.
Wir leben immer noch auf zu großem Fuß
„Es wird viel gemacht, aber noch nicht genug. Wir leben definitiv über unsere Verhältnisse“, sagt Prof. Dr. Sybille Olbert-Bock, Professorin und Co-Leiterin des Leuchtturms Nachhaltige Unternehmensentwicklung an der FHS St. Gallen.
Gründe dafür seien:
- Unterschätzte Herausforderungen
Zurzeit kuriere man Symptome, anstatt die Ursachen zu beseitigen. Ein Beispiel dafür sei, dass Naturschützer versuchen, den Eisbär zu retten. Der größere Effekt entstünde aber, wenn dessen Lebensraum konsequent geschützt wird.
- Keiner übernimmt die Verantwortung
Der schwarze Peter werde momentan an den Kunden abgeschoben, der aufgefordert wird, mit seinem Konsumverhalten zu entscheiden, welche Produkte, Dienstleistungen und Unternehmen er unterstützen will. „Aber der Kunde kann es meist nicht beurteilen, weil er die Produktionsbedingungen, Lieferantenverträge etc. nicht einsehen kann“, so Olbert-Bock.
- „Unconcerned“
Vor der ökologischen Problematik komme die Frage, wie gehen wir miteinander um? Olbert-Bock hält es für nicht zielführend, wenn Personen im Internet für Verstöße gegen die Nachhaltigkeit an den Pranger gestellt werden. Ein Beispiel dafür sind Hausbesitzer in Kalifornien, die ihren Rasen per Tankwagen bewässern lassen oder in Dürre-Zeiten mit grüner Farbe besprühen lassen, um die Optik zu erhalten.
Twitter: #droughtshame
- Erwartungen und Standards
Kunden glauben, dass das Güte-Siegel „bio“ für Alles steht, was nicht genmanipuliert ist. Aber selbst da gebe es Einschränkungen. „Wie soll es also weitergehen in der nachhaltigen Unternehmensentwicklung? Wie schließen wir den Gap zwischen Knowing, Doing and Being?“
Die Problematik sei entweder zu unbekannt oder zu wenig verinnerlicht. Es sei daher wichtig, Szenarien und Trade offs zu entwickeln, Visionen vom guten Leben zu entwickeln, die sowohl eine gesunde und schöne Umwelt als auch ein besseres Miteinander umfassen. In Szenarien zu denken, erlaube, Antworten zu finden auf die Frage: Was bedeutet mein Handeln für morgen?
Produkte von „glücklichen Mitarbeitern“ kaufen
Trends wie Nachhaltigkeit können als Einflusskräfte, die auf Märkte, Unternehmen und Produkte wirken, definiert werden. Sie deuten auf entsprechende Strömungen im gesellschaftlichen Wandel hin, aber auch auf sich verändernde Bedürfnisse. Thomas Utz und Lukas Schmid, beide Institutsleiter für Innovation, Design und Engineering an der FHS St. Gallen, sind der Ansicht, „es geht nicht darum, einen neuen opportunistischen Hype in Unternehmen auszurufen, sondern es geht um das Deuten von Zeichen und das Verständnis vom Wandel der Systeme“.
Trendforschung sei deshalb Inspiration, Irritation und Integration, sie gebe neue Sichtweisen, aber keine Antworten. Diese müssten die Unternehmen selbst finden und die Zukunft mit gestalten, indem sie die Geschichte mit erzählen. „Hinter jedem Mega-Trend steht eine Geschichte, die man erzählen kann“, so Prof. Dr. Lukas Schmid. Das Bewusstsein für fair produzierte Produkte steige und damit die Nachfrage, wie die Produktionsbedingungen seien. „Die glücklichen Mitarbeiter rücken in den Vordergrund. Wie werden die Mitarbeiter behandelt, die meine Produkte herstellen?“
Zu den Trends der Nachhaltigkeit gehöre, Recycling kritisch zu hinterfragen. Wirtschaften nach dem Prinzip „cradle to cradle“ werde wichtiger. Das heißt, die benutzten Produkte landen nach Gebrauch auf dem Kompost und entsorgen sich dort selbst oder sie gehen zurück an den Hersteller, der sie wieder verwendet.
Dass der Kampf um Ressourcen in vollem Gang ist, zeigt das Beispiel Nestlé. Konzern-Verwaltungsratchef Peter Brabeck macht kein Geheimnis daraus, dass für ihn Wasser ein Lebensmittel wie jedes andere auch ist und kein öffentliches Gut. Seit Jahren kauft der Konzern wasserreiche Gebiete und bereitet die Privatisierung von Wasserquellen vor. Hintergrund sei eine Strategie-Sitzung, auf der sich die Nestlé-Führungskräfte überlegten, womit sie in 150 Jahren noch zur Weltspitze gehören könnten. Das Ergebnis war Wasser. Für den wasserreichen Standort Schweiz eine verlockende Aussicht.
Dieser Blog-Beitrag fußt auf der Veranstaltung „Trends und Nachhaltigkeit: Widerstehen, aufgreifen oder initiieren?“, die am 1. Juni 2015 vom „Leuchtturm Nachhaltige Unternehmensentwicklung“ an der FHS St. Gallen Hochschule für Angewandte Wissenschaften veranstaltet wurde.
http://www.fhsg.ch/fhs.nsf/de/home
Petra-Alexandra Buhl