Unternehmer teilen sich selten mit. Bislang erzählten sie meist von Heldentaten, gelungenen Strategien und Anekdoten von geglückten „Übernahme-Schlachten“ und dergleichen. Bodo Janssen reiht sich hier nicht ein. Präzise benennt er eigene Schwächen, Versäumnisse, Irrwege und persönliches Scheitern. Schwerwiegende private Lebensereignisse wie seine Entführung erzählt er ebenso wie beinahe Intimes aus der Beziehung zu seiner Frau.
Das klingt sympathisch, mein Eindruck von „Die stille Revolution – Führen mit Sinn und Menschlichkeit“ ist trotzdem ambivalent. Der Titel hat mehr versprochen, als er hält. Janssens Buch ist vor allem Autobiographie: Er schlägt den Bogen von der Kindheit zum Jet-Set-Leben als Model bis hin zum BWL-Studium und zur Übernahme des Familienunternehmens nach dem frühen Tod des Vaters. Um Führung geht es weniger.
Das Buch ist also kein „Business-Ratgeber“, keine Einführung in eine Führungsmethode, kein Lehrbuch, kein Management-Journal. Insofern wundern mich die teils euphorischen Rezensionen auf Amazon. Wer das Buch für sich als „lebensverändernd“ bezeichnet oder es als „Anleitung und Bauplan“ begreift, hat die Diskussionen um Führung, Kooperation und Organisationsentwicklung in den letzten 20 Jahren verpasst.
„Wer sich als Führungskraft verändern möchte, ist gut damit beraten zuerst und ausschließlich bei sich selbst anzufangen“ – das ist schon eine Binsen-Weisheit und im Buch gibt es einige davon. Die „Tools“ und Herangehensweisen, die Bodo Janssen beschreibt, gehören seit den 200023 Jahren zum „Change-Handwerk“ und sind in vielen Fach-Publikationen nachzulesen. Vielleicht hat noch keiner der Anwender darüber geschrieben.